Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind by Jessica Joelle Alexander

Warum dänische Kinder glücklicher und ausgeglichener sind by Jessica Joelle Alexander

Autor:Jessica Joelle Alexander
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Mosaik
veröffentlicht: 2017-09-07T16:00:00+00:00


Die Macht der Worte

Knud Ejler Løgstrup, ein berühmter dänischer Philosoph und Theologe, der einen großen Einfluss auf die dänische Denkweise hatte, vertrat die Auffassung, dass Eltern dafür verantwortlich sind, ihre Kinder nicht nur durch Spielen und Wissensvermittlung, sondern auch durch die Stärkung der Empathie geistig zu fördern. Er erklärte, dass die Worte, die wir verwenden, und die Geschichten, die wir über andere erzählen, eine wesentliche Rolle dabei spielen, wie gut sich unsere Kinder in andere Menschen hineinversetzen können.

Wenn Dänen beispielsweise vor ihren eigenen Kindern über andere Kinder reden, ist ihre Wortwahl bemerkenswert. Sie denken nicht aktiv darüber nach, sondern benutzen einfach Standardformulierungen und betonen dabei vor allem die guten Charakterzüge der anderen Kinder. Man hört sehr oft: »Er ist so ein lieber Junge, nicht wahr?«, »Findest du nicht auch, dass sie sehr freundlich ist?«, »Das war sehr hilfsbereit von ihm, oder?«, oder: »Er ist sehr nett. Findest du nicht auch?«

Das Bemerkenswerte daran ist, dass auch durch diese Wortwahl die Grundlage dafür geschaffen wird, dass Kinder später standardmäßig das Positive an anderen Menschen wahrnehmen. Wenn man regelmäßig auf die guten Seiten anderer hinweist, wird es für sie zur Gewohnheit, die guten Seiten wahrzunehmen. Und es wird selbstverständlich, anderen zu vertrauen.

Man hört Dänen wirklich selten in Gegenwart ihrer Kinder etwas Negatives über andere Kinder sagen. Stattdessen versuchen sie das Verhalten anderer zu erklären: »Wahrscheinlich war sie sehr müde, und ihr hat ihr Mittagsschlaf gefehlt«, »Meinst du, er hatte Hunger? Du weißt ja, wie unleidlich wir sein können, wenn wir hungrig sind.« Sie bringen ihren Kindern auf diese Weise bei, dass das Verhalten der anderen Kinder von den Umständen beeinflusst wird, statt diese Kinder einfach als gemein, egoistisch oder nervig zu bezeichnen. Das ist die unterstützende Sprache, von der in Kapitel 4 die Rede war.

Und tatsächlich bildet sich so in der Kindheit die Fähigkeit des Umdeutens aus. Sich vorstellen zu können, dass es jemandem schlecht geht, macht es uns einfacher, sein Verhalten verständnisvoll zu betrachten. Statt ihm ein negatives Etikett anzuheften, können wir unsere Wahrnehmung durch Empathie aufhellen. Es gibt uns auch selbst ein besseres Gefühl, wenn wir uns unsere Zeit und unsere Energie nicht durch negative Gedanken und Empfindungen rauben lassen.

Løgstrup war nicht so naiv zu glauben, dass Vertrauen in andere immer belohnt wird. Er glaubte einfach, dass Vertrauen, wie andere »souveräne Ausdrucksformen des Lebens« (wie Offenheit beim Sprechen, Liebe und Mitgefühl), ein grundlegender Aspekt des Menschseins ist: »Vertrauen in andere zu zeigen bedeutet, sich zu befreien.« Und das ist wahr. Vertrauen ist sehr befreiend.



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